Mittwoch, 25. März 2009

Der visuelle Linguist



Trotz seines fantasievollen Namens handelt es sich bei dem visuellen Linguisten nicht etwa um eine aberwitzige Superhelden-Persiflage, sondern um einen Comic-Wissenschaftler. Auf seiner Homepage emaki.net gibt der 29-Jährige sein Alter Ego Preis. Neil Cohn ist bereits seit mehreren Jahren Teil einer Gemeinschaft von Wissenschaftlern aus den verschiedensten Fachrichtungen, den comix-scholars, die sich per mailing-list über Comics diskutieren.

In den Diskussionen, die Form und Sprache der Comics betreffen, ist Cohn immer wieder gern gesehener Gast. Dabei kritsiert er stets sachlich seine Kollegen, die selten seiner Meinung sind. Cohn ist bekannt dafür das Objekt seiner Studien mit gebührend Abstand zu begegnen; ganz im Gegensatz zu anderen Kollegen, die ihr liebstes Anschauungsmaterial oftmals vehement verteidigen, da sie ihm zu nahe stehen. Dabei sind es vor allem die Basics, die Cohn interessieren, die allgemeinen Voraussetzungen, welche einen Comic erst möglich machen. In dieser Hinsicht nimmt er selbst einem Scott McCloud die Butter vom Brot. Alle seiner einleuchtend aufgebauten Essays sind auf seiner Seite zum Download freigegeben.

Um sowohl grafisch als auch vom Layout her flexibler zu sein, verlegt Cohn Auseinadersetzungen in seinen Blog. Diesmal hat er sich als Gegnerin Anne Magnussen ausgesucht, die im Jahr 2000 versucht hat Comics mit den semiotischen Ansätze von C.S.Pierce zu erläutern. Kurz und prägnant beschreibt Cohn die Fehler, die Magnussen dabei begeht: Eine unnütze Begriffdefenition, die viel Platz für die eigentliche Arbeit verschwendet, wird mit einer strukturellen Analyse verbunden. Fragen, ob ein Comic eine Geschichte enthalten muss oder eben nicht, helfen Magnussen nicht weiter bei der Einordnung des peirceschen Modells. Während ein Heranziehen von Peirces semiotischen Begriffen wie index, singal oder auch icon interssant ist, so wäre, laut Cohn, eine Auseinandersetzung mit dem Entstehung dieser Begriff, nach Peirce, wesentlich sinnvoller gewesen.

Der visuelle Linguist, Neil Cohn, ist ein aktiver Teilnehmer in Debatten die Sprache der Comics betreffend. Es ist äußerst erfreulich, dass es auch in einem gerade aufkeimendem Feld wie den Comic Studies, Wissenschaftler gibt, die nicht jeden Beitrag, der erscheint frenetisch feiern, sondern kritisch hinterfragen.

Bibliograpische Daten des besprochenen Aufsatzes:
Magnussen, Anne. (2000). The Semiotics of C.S. Peirce as a Theoretical Framework for the Understanding of Comics. In A. Magnussen & H.-C. Christiansen (Eds.), Comics and Culture: Analytical and Theoretical Approaches to Comics. Copenhagen: Museum of Tusculanum Press. pp.193-207

1 Kommentar:

Rudolf Inderst M.A. hat gesagt…

"Es ist äußerst erfreulich, dass es auch in einem gerade aufkeimendem Feld wie den Comic Studies, Wissenschaftler gibt, die nicht jeden Beitrag, der erscheint frenetisch feiern, sondern kritisch hinterfragen." Oh, das sind die Comic Studies nicht die einzigen.